Dienstag, 13. Mai 2014

"Sorry Sir, no taxi to Ao Son."

"Der Weg bleibt aber bestimmt flach" motivieren wir uns, als wir voll beladen losmarschieren "es geht ja an der Küste entlang." Zwei Sekunden später kommen wir um die nächste Biegung und stehen vor einer nicht sehr flachen Steigung in der vollen Mittagssonne.
Warum machen wir das nochmal? Warum kämpfen wir uns im Schneckentempo mit Unmengen an Gepäck hier hoch und schwitzen alles was wir trinken im selben Moment wieder aus? 
Weil wir an einem entlegeneren Strand campen und unsere Ruhe haben wollen.
Stimmt.
Und je beschwerlicher die Anreise, desto weniger andere Touristen, so unsere Theorie.



Wir sind auf der Insel KoTarutao und wandern gerade vom Pier aus los Richtung Ao Son, dem von uns ausgesuchten Strand, unsere Heimat für die nächsten zehn Tage. Es hieß, es gäbe dort weder sanitäre Anlagen, noch was zum Einkaufen, deswegen haben wir kiloweise Überlebenswichtiges und Nahrungsmittel im Gepäck.

Hier am Pier hat man uns gesagt, dass aufgrund der Nebensaison leider keine "Taxis" mehr zum Ao Son fahren. 
Deswegen laufen wir.  8km.  In der Mittagshitze.  Nicht flach. 
Gut so! Dann ist da wenigstens außer uns niemand, der sich das nicht auch antun will.
Denken wir.

Als wir ankommen, untersuchen wir erstmal die wundersamerweise doch vorhandenen Duschen, Toiletten und das Restaurant nebenan und beschließen, dass das eigentlich prima ist. Danach suchen wir uns das schönste Plätzchen zum Zelten aus: das Rasenstück am Kiesstrand, direkt zwischen der Flussmündung und dem Sandstrand nebenan. Hier gefällts uns super. Sogar so gut, dass wir uns nichtmal aufregen, als fünf Minuten später eben doch ein Lastwagentaxi ankommt und eine Horde Touristen vom Pier auslädt. Die gehn ja wieder. Und das Herlaufen hat wider Erwarten eigentlich auch Spaß gemacht. Da wo der Weg flach war.


unser zu Hause:
Flussbadestrand vorm Zelt
und richtiger Strand hinterm Zelt
Wir beschließen, einmal am Tag im Restaurant zu essen und uns ansonsten selbst zu versorgen. Dazu bauen wir uns gleich am ersten Abend die wohl schönste Küche unseres Lebens! Hunger ist demnach also nicht nur der beste Koch, sondern auch ein ziemlich guter Kochstellenbauer.Unsere Küche ist für die nächsten zehn Tage unser Lebensmittelpunkt. Hier sitzen wir bis es zu dunkel ist, um etwas anderes zu machen, als ins Bett zu gehen und hierher setzten wir uns morgens völlig verschlafen, nachdem wir aus unserem Zelt gekrabbelt sind und warten bis das Wasser heiß genug für unseren Instant-Kaffee ist. Das allabendliche Kochen nimmt natürlich auch viel Zeit und Arbeit in Anspruch, besonders weil es ungefähr einmal am Tag regnet und wir ja unser Holz irgendwie trocken und das Feuer am Brennen halten müssen. Mit der Zeit lernen wir aber aus unseren Fehlern und am Ende schaffen wir es sogar, ein triumphales Reisgericht im strömenden Regen zuzubereiten und sind stolz wie Harry, als wir es schließlich tropfnass verspeisen.
unsere Vorräte


Rohbau
die Steine speichern die Hitze gut
und wir können unseren labbrig gewordenen Toast trocknen
- am selben Abend holen ihn noch die Raben, aber das wissen wir ja noch nicht...




Eine andere Herausforderung sind die tierischen "Freunde", die wir hier haben.
Zum einen leben wir quasi Tür an Tür mit einem Staat Riesenameisen, die uns nach ein paar schmerzhaften Fehltritten unsererseits schnell klargemacht haben, wo ihre festen Wege verlaufen und wir besser nicht hintreten oder gar stehen bleiben. Im Gegenzug dazu, können wir unsere Nahrunsmittel auch tagsüber ganz gut lagern, weil sie ja ihre Straßen kaum verlassen und somit auch unser Essen nicht finden.
Eines Nachts kommt uns mal eines der Wildschweine besuchen, hinterlässt aber außer seinen Fußspuren nichts und benimmt sich ganz unschweinemäßig.
Die Raben, die uns gleich am ersten Abend unsern wunderbar getoasteten Toast klauen, haben wir auch bald im Griff, weil sie so doof sind und immer laut krächzen, wenn sie auf einem Baum in unserer Nähe landen. Wir machen uns dann, ebenfalls laut werdend und Steine schmeißend daran, sie wieder wegzuschicken.
Ein größeres Problem sind die Affen. Die sind gar nicht so doof. Und im Gegensatz zu Ameisen und Bären oder anderem Getier bringt es hier gar nix, sein Essen in Bäume oder Hecken zu hängen oder die Plastiktüten gut zuzuknoten. Auch im Zelt lassen ist schwierig, denn das wollen wir noch eine Weile behalten und wir wissen nicht, ob unsere haarigen Feinde wissen, wie man einen Reißverschluss bedient. Also tragen wir unsere Vorräte meist mit uns herum, lassen sie im Restaurant oder verschließen sie in zwei luftdichten Packsäcken und hoffen auf das Beste. Insgesamt klappt das ganz gut und wir haben nur kleinere Verluste zu verzeichnen.















Hinter der nächsten Kurve liegt der richtige Ao Son-Strand, der ein paar Kilometer lang ist und an dem man in glücklichen Momenten schön spazieren oder joggen gehen kann. Glücklich sind die Zeiten zwischen der Sandfly-Zeit morgens und abends, in der man erbarmungslos verstochen wird und der Mittagshitze, in der mans auch kaum ohne Schatten aushält. Hier liegt ziemlich viel Schrott aus dem Meer herum und man findet immer Interessantes oder zumindest Stoff zum Nachdenken.






So einsam, wie wir uns unsere Zeit hier vorgestellt haben, ist sie nun gar nicht. Und das ist auch gut so.
Jeden Tag wird die Touristenbande mit dem Lastwagen angekarrt und mal nach einer halben, mal nach ein paar Stunden wieder abgeholt. Mit uns redet aber kaum jemand und wenn doch, dann werden wir um unser Zelt und unsere "romantic time" hier beneidet und dürfen unsere Feuerstelle vorführen.
Die Familie, die hier lebt und das Restaurant und ein paar Bungalows betreibt, ist sehr sympathisch und wegen der Ferien sind gerade auch Tochter und Enkeltochter zu Besuch. Mit der Kleinen spielen wir alles was uns einfällt und was man hier erfinden kann und kriegen dafür Tag für Tag größere Portionen zum Mittagessen im Restaurant, wie uns scheint.




Für ein paar Tage ist richtig was los am Ao Son, als Mathias und Claudia aus Berlin mit ihrer kleinen Tochter in den Bungalow ziehen und sich gleichzeitig eine thailändische Großfamilie zum Zelten zu uns gesellt. Nachdem wir eines ihrer jüngeren Mitglieder ein wenig verarztet haben, werden wir prompt mit Unmengen an Obst und Seafood überhäuft und bei jedem Essen zu ihnen ans Lagerfeuer eingeladen, wo es noch mehr tolles Essen und wirklich inspirierende Gespräche gibt. 






Wir wandern zum Wasserfall hier im Dschungel, der sich zwar als nicht sehr rauschend heherausstellt, aber durch seinen wunderbaren Hinweg besticht. Wir gehen anfangs mit Absicht sehr langsam und drehen jedes Blatt um, weil wir unbedingt Tiere sehen wollen. Unfassbarerweise (oder eher logischerweise) finden wir aber kaum eines und fotografieren frustriert Pilze, weil uns die ja zumindest nicht weglaufen können. Das ein oder andere Krabbelvieh finden wir dann aber doch noch und vor allem die Termitenautobahn, die anfangs voll besetzt und zwei Stunden später wie leergefegt ist, fasziniert uns. Auf dem Rückweg, den wir vom Hunger getrieben zügiger zurücklegen, erfreuen uns dann sogar eine kleine Schlange und eine größere Echse durch ihre Anwesenheit.











Den Weg zurück zum Pier teilen wir in zwei kurze Etappen, die uns jetzt ohne Riesengepäck lächerlich unanstrengend vorkommen und schlafen eine Nacht am Ao Molae, auf der Hälfte des Weges. Auch vorne am Pier gibt es einen wunderschönen Strand und wir bleiben trotz der paar anderen Touristen zwei Nächte. 


Ao Molae




Hier kochen wir nicht mehr, sondern genießen es, uns im Restaurant bedienen zu lassen. Nach fast zwei Wochen im Zelt können wir es kaum noch erwarten, endlich wieder in ein angenehmes Hotelzimmer mit Bad zu ziehen und freuen uns auf Hat Yai. 
Hierhin kommen wir netterweise auf der Ladefläche eines Pickups, denn Jonas wurde auf Ko Tarutao von einer Gruppe Jugendlichen angesprochen und die wollen uns nun unbedingt mitnehmen. Wir lassen uns glücklich mit den andern fünf Jungs hinten nieder und brettern kurz darauf open air mit 100 über den Highway mitten durch ein Gewitter. Der absolute Wahnsinn.