Montag, 31. März 2014

Fahrtwind

 
Im Norden waren wir es leid, so lange in oder vor Jeepneys oder Bussen zu warten, bis diese endlich losfahren. Deswegen haben wir uns für den Rest unserer Philippinenreise vorgenommen, unabhängig mit dem Zweirad unterwegs zu sein und unser Zelt zu nutzen, dafür haben wir es schließlich dabei :-) 
Vieles von unserem Gepäck haben wir in Manila deponiert, deswegen finden wir mit Sack und Pack auf einer 125er Honda XRM Platz.

Nach einem Tag in Manila treffen wir am Flughafen Tina aus München wieder (die wir schon aus Batad kennen) und fliegen gemeinsam nach Cebu, von dort nehmen wir eine Fähre nach Tubigon im Norden von Bohol. 



Hier werden wir zum ersten Mal mit den Folgen des Erdbebens im letzten November (kurz vor dem Taifun im Dezember) konfrontiert. Wir wussten zwar, dass es eines gegeben hatte, sind aber dann trotzdem überrascht, vor richtigen Trümmerfeldern zu stehen, wie man sie eigentlich nur aus den Nachrichten kennt. Im Ort stehen an manchen Stellen noch Zeltunterkünfte und die Brücke hat große Risse und einen 1m hohen Versatz zur Straße, der mit Sand aufgefüllt wurde. Unser Guesthouse besteht nur noch aus einem schiefen Häuschen, dass in den Mangroven neben seinen ehemaligen Betonpfeilern steht. Das ganze traurige Drumherum zeigt zwar einerseits, dass es hier mal richtig schön gewesen sein muss, andererseits aber auch, dass es noch ein weiter Weg ist, bis es wieder so aussehen kann. 
Wir kommen in einem Zimmer mit Schieflage unter und sitzen abends und zum Frühstück an einem alten Tischchen in den völlig zerfallenen Überresten des ehemaligen Bambus-Restaurants direkt am Meer. 

Am nächsten Morgen gehts mit dem Bus nach Tagbilaran, der größten Stadt auf Bohol. Dort verabschieden wir uns von Tina und mieten ein kleines Motorrad für die nächsten Tage.



Es ist ein tolles Gefühl, morgens loszufahren, ohne zu wissen, wo man abends schlafen kann und wir genießen die Freiheit, zu jeder Zeit in unserer Geschwindigkeit da hin zu fahren, wo wir hin wollen. In der Dämmerung finden wir einen privaten Busfriedhof, wo wir zwischen überwucherten Riesenrostlauben unser Nachtlager errichten dürfen. 
Tagsüber fahren wir glücklich über die Insel, denn hier kommt zur allgemeinen Fahrfreude noch etwas anderes hinzu, das es einem unmöglich macht, mit dem Lächeln aufzuhören: Die Menschen freuen sich wie verrückt über uns. Wenn wir vorbeifahren, machen die allermeisten ersteinmal ein Gesicht, als würde ein Eisbär schlittschuhlaufen, aber nach wenigen Momenten des Erstaunens macht sich dann ein breites Grinsen auf den Gesichtern breit und sie rufen uns freudig "Hello Friend!", "Hey Joe!" oder einfach nur "Helloooouu!" zu. Wir freuen uns mit und winken und grinsen ununterbrochen.



Am zweiten Abend finden wir einen Baum-Park in Sikaturna, in dem Campen erlaubt ist und wir haben eine zwei-Fußballfelder-große Grünfläche mit mehreren Picknick-Häusern und Toiletten für uns allein. 



Wir ernähren uns hauptsächlich von den leckeren Restaurantküchen am Straßenrand, wo man aus verschiedenen vorgekochten Speisen auswählen darf und dazu meist Reis serviert bekommt. Abends und Morgens gibts Unmengen an Obst und Avokados, mit denen wir uns in den in jedem Ort vorhandenen Public Markets eindecken, das sind große, meist überdachte Dorfzentren voller Marktstände, in denen es einfach alles zu kaufen gibt. 
Außerdem gibt es auf den Philippinen bemerkenswert gute Bäckereien. Zwar ist alles, was es dort zu kaufen gibt zuckersüß, aber wenn man das weiß, dann probiert man sich einfach durch, bis man was leckeres gefunden hat.



Unser Lieblingsessen: Chicken Adobo






Weil wir gerne die Chocolate Hills (Bohols Hauptattraktion) sehen wollen, müssen wir weiter ins Inland fahren. In Loboc wurde die einzige richtige Brücke über den Fluss beim Erdbeben zerstört und nun können nur noch Fußgänger auf einer kleinen Brücke zur anderen Flussseite gelangen. Man erzählt uns zwar, dass die Männer einem hier für wenig Geld das Motorrad über die Treppen am Brückenende schleppen, aber wir fahren lieber einen Umweg über die Schottersträßchen im Hinterland. 




Überall auf der Insel wurden die alten Kirchen zerstört und meist stehen nur noch Teile des schön bemalten Kirchenschiffs in den Trümmern, während Altar und Kirchenbänke daneben unter einem provisorischen Dach aufgestellt wurden. Wir sprechen mit einem Mann, dessen Haus auch beschädigt wurde und er erklärt seine schwierige Lage, da die Hilfe nach dem Beben schnell abgezogen wurde und sich wegen des Taifuns auf Tacloban konzentrierte, während die Menschen hier größtenteils auf sich alleine gestellt sind.

Die Chocolate Hills haben ihren Namen von der braunen Farbe, die das Gras, mit dem sie bedeckt sind, in der Trockenzeit annimmt. Sie heben sich dann von der grünen Vegetation in ihrer Umgebung ab und sehen einfach toll aus. Jeder, der sie sich anschauen will, wird zum Touristen-Aussichtspunkt gekkarrt, weil man von dort (zugegebenermaßen) den schönsten Ausblick hat. Da wir uns aber erst mal selbst umschauen möchten, biegen wir auf eine kleine Feldwegstraße ab und fahren mitten in die Hügel hinein. Zwischen den Hills wohnen viele Menschen, es werden Reis und Bananen angebaut und wir holpern winkend und lächelnd eine halbe Stunde durch die schöne Landschaft. Als uns irgendwann ein paar Jungs fragen, was wir denn hier machen, antworten wir, wir wären auf der Suche nach einem netten Chocolate Hill und sie zeigen nach links und sagen: "Then take this one! It's a good one!"
Also besteigen wir besagtes Hügelchen, das sich als lokaler Aussichtsberg herausstellt und von dem man einen schönen Blick auf die Umgebung hat. Weil Sonntag ist, gesellen sich bald philippinische Frauen mit ganzen Kinderscharen zu uns und weil sich unsere Anwesenheit schnell herumspricht, kommt uns gegen Abend ein altes Männlein besuchen, dass sich als Bergbesitzer herausstellt. Wir fragen freundlich, ob wir hier schlafen dürfen und nachdem wir versichert haben, dass uns bei Regen nicht kalt wird, wir keine Angst im Dunkeln haben und im Besitz von Taschenlampen sind, stimmt er lachend zu und meint, wir müssten aber unbedingt unser Motorrad in seinem Garten parken, damit es sicher ist. Wir freuen uns unbeschreiblich und beschließen, ab jetzt die "Einfach-Fragen-Philosophie" zu unserem Motto zu machen. 

So schlafen wir im Moskitonetz auf unserem privaten Chocolate Hill und genießen sowohl zum Sonnenunter-, als auch zum Sonnenaufgang unser 360° Panorama :-) 



Für den nächsten Tag haben wir uns eine längere Strecke vorgenommen und fahren über Carmen noch einmal an die Nordküste nach Tubigon und dann zurück nach Sikaturna, um ein letztes Mal im Tree-Park zu zelten, bevor wir am nächsten Tag in Tagbilaran das Moped zurück geben. Das ist unsere bisher längste Fahrt, aber man gewöhnt sich mit der Zeit ans Sitzen und der Fahrtwind, die tolle Landschaft und vor allem die fröhlichen Menschen entschädigen für alle Schmerzen im Hinterteil.

Für alle, die sich fragen, warum hier so viel Text und kaum Bilder sind:
Uns hat's leider eine Speicherkarte zerstört, wir können die Fotos darauf zwar auf der Kamera ansehen, aber sonst nichts damit anstellen, weder löschen, noch kopieren, noch sonst was...


Fähren in Richtung Camiguin Island, unserem nächsten Ziel, gehen auf Bohol nur ab Jagna, wohin wir mit dem Bus fahren. Dort angekommen müssen wir feststellen, dass nun doch nichts fährt, aus welchem Grund und wann der Fährbetrieb wieder aufgenommen wird, ist nicht so recht ersichtlich. Vor dem Tickethäuschen unseres Fährunternehmens lernen wir Keisha und Jun-Jun kennen, ein philippinisches Pärchen, die auch nach Camiguin fahren wollen. Wir freunden uns schnell an und die beiden finden eine kompliziertere Fähr- und Buskombination, mit der wir schließlich über Cagayan de Oro auf der Insel Mindanao nach Camiguin gelangen. Jun-Jun stammt von hier, seine ganze Großfamilie lebt in der Nähe von Catarman und die beiden haben ein kleines Ferienhäuschen in der Gegend. Ohne dass wir fragen müssen, bieten sie uns an, in ihrer Kokosnussplantage zelten zu dürfen und sind ganz begeistert, als wir zustimmen.

Keisha und Jun-Jun

unser Zeltplaetzchen

wir koennen ganz hinten sogar ein bisschen Meer sehen

Suchbild - gut getarntes Zelt 

So werden wir herzlich von der ganzen Familie begrüßt, essen von da an im Straßenrestaurant von Jun-Juns Schwester und leihen das Motorrad eines Freundes der Familie. Camiguin Island ist so klein, dass wir beschließen, ein paar Nächte zu bleiben und sie von hier zu erkunden. Unser Zelt in den Kokosnussplantagen und wir weißen Menschen selbst erregen einige Aufmerksamkeit und so kriegen wir, sobald wir "heim" kommen, ständig Besuch von Kindern, Nachbarn und Bekannten, die alle uns und unser Zelt anschauen und mit uns sprechen wollen. 


Sonnenuntergangs-Bootsstour






Restaurant von Jun-Juns Schwester

Keishas Haus mit Bambushuettchen aufm Dach


die beste exotische Frucht bisher: Starapple



im Schmetterlings-Garten

die letzte Nacht campen wir an der Ardent Hot Spring