Donnerstag, 3. Juli 2014

Am Mekong entlang


Obwohl wir grosse Teile unserer Strecke direkt am Mekong zuruecklegen, bekommen wir den riesigen Fluss, der hier vielen vielen Menschen als Lebensgrundlage dient, nur selten zu sehen. Beiderseits der Strasse stehen dicht an dicht Haeuser, kilometerlang. 
Nur wenn man ueber die Bruecke eines Zuflusses faehrt, kann man einen Blick auf den breiten Strom, das weit entfernte Ufer und die vielen kleinen Inseln erhaschen.


Nachdem wir bis fast zur Daemmerung im Beng Mealea rumgeturnt sind, machen wir uns zu Fuss auf die Suche nach einem Schlafplaetzchen, denn hier soll es Homestays geben. Schnell werden wir fuendig und schlafen im groessten "Zimmer" unserer bisherigen Reise: wir haben ein komplettes Haus fuer uns alleine.




Strom gibts keinen - dafuer aber Kerzen

Ausblick zum Nachbarhaeuschen

Am neachsten Morgen erkunden wir ein wenig den "NH66" des Landes. Dies ist eine alte Angkor-Strasse, die die Tempel Beng Mealea und Preah Khan (ca. 50-60km oestlich von hier) verbindet. In der Regenzeit ist es so gut wie unmoeglich, die Strecke komplett zu fahren, aber wir wollen einfach mal schauen, wie weit wir kommen. Nach gut 30km wird die Strasse zum Schlammsee und wir weichen auf die kleinen hoeherliegenden Wegchen in den Feldern aus. Bald wenden wir aber wieder, dann so richtig weit kommt man hier auch nicht. Immerhin konnten wir einige der alten Bruecken sehen, die immer noch von Lastwaegen (!!!) befahren werden koennen.    







Eigentlich wollten wir heute nur bis zum Koh Ker fahren und dort schlafen, aber wir aendern den Plan, weil unser Tempeldurst gestillt ist und das Gefaehrt so unfassbar viel Oel verliert, dass wir lieber schnell vorankommen, bevor die Kiste den Geist aufgibt. Also machen wir uns spontan auf den langen Weg nach Stung Treng am Mekong, von wo aus wir dem Fluss gen Sueden folgen moechten.








Die Strecke ist nicht zu unterschaetzen und wir sind dank unserem Route66-Ausflug auch nicht gerade frueh dran. Entgegen unserer Erwartungen ist aber die komplette Strasse zum Mekong nagelneu und wir sind fast alleine darauf unterwegs. Entlang des neuen Highways steht nicht mehr viel Wald, man sieht aber, dass das vor kurzem noch anders war. Scheinbar ziehen gerade einige Leute hierher, es werden viele neue Haeuser gebaut und jung und alt freut sich ueber die zwei staunenden Auslaender, die des Weges kommen.







nicht mehr viel Wald uebrig...

... und hierfuer muss er weichen:
Gummiplantagen






Ja, da kommt was...

Schon den halben Tag versuchen wir der Regenfront zu entkommen, die uns staendig im Nacken haengt. Als nun aber auch noch eine vor uns auftaucht, geben wir auf und packen unsere Regenhuellen aus, es ist zum Glueck nicht mehr weit.
Denken wir.
Gegen Viertel vor sechs stehen wir im stroemenden Regen an einer mit Baugittern versperrten Riesenbruecke ueber den Mekong. Dass es die gibt, wussten wir gar nicht, wir hatten mit Faehrverkehr gerechnet. Da wir sie aber offensichtlich nicht passieren koennen, fahren wir einen Schlammweg rechts daneben runter und hoffen, dort die Faehre zu finden.
Unter der Bruecke suchen wir Schutz vor den Wassermassen und stellen der netten Familie, die hier Suppe und Ananas verkauft, pantomimisch dar, dass wir gerne den Fluss ueberqueren wuerden. Durch den Regenvorhang koennen wir nicht einmal das andere Ufer sehen, geschweige denn Stung Treng, das uns genau gegenueber liegt. Das Ehepaar beschreibt uns mit Haenden, Fuessen und huebschen Skizzen im Sand, dass die Bruecke um halb sechs geschlossen wurde und die Faehren nicht hier sondern ein gutes Stueck flussaufwaerts fahren. Weil wir schoen dem neuen Highway gefolgt sind, haben wir mal wieder die Abzweigung verpasst. Das macht aber auch nicht viel aus, die beiden erklaeren uns naemlich, dass bei dem Regen und um diese Zeit sowieso alle Bootsfuehrer schlafen gegangen sind. Und zwar drueben in Stung Treng.
Niedergeschlagen und etwas ratlos setzen wir uns und verspeisen erst einmal eine Ananas. Wir zeigen dem netten Herrn unsere Haengematten und gestikulieren wild, um anzudeuten, dass wir gerne hier unter der Bruecke hinter seinem Stand schlafen wuerden. Der Mann laechelt und deutet auf uns, dann auf sich, dann den Weg hinab und legt schliesslich die Haende neben seinem Kopf zusammen.
Wir duerfen bei ihm zu Hause schlafen.
Die Menschen hier sind einfach UNGLAUBLICH gastfreundlich.
Uns wird ein Bett zugewiesen, wir werden an den Familientisch zum Essen gesetzt und zum Regenwasserbottich und der naechsten Hecke gefuehrt, wo wir uns waschen und aufs Klo gehen duerfen. Obwohl wir ihnen noch einige Male versuchen klarzumachen, dass wir auch gerne in der Haengematte schlafen koennen, wollen sie nichts davon hoeren und deuten in die Nachbarschaft, wo sie offensichtlich schlafen wollen. Besonders unsere Gastmama ist sehr interessiert und wir "reden" noch eine Weile ueber uns und zeigen unsere Fotos von zu Hause, die bei solch einer Gelegenheit natuerlich besonders nuetzlich sind, durch viele neugierige Haende gehen und grosse Freude bereiten.




vom Bett aus koennen wir sogar die Bruecke sehen




ausser dem Verkaufsstand, betreibt unsere Gastmama auch eine kleine Schneiderei
und der Papa ist der Dorfarzt
(seinen Medikamentenschrank sieht man auf dem Bild oben rechts)


Fruehstueck


Abschiedsfoto:
unser Gastpapa ganz rechts,
Mama mit Enkelkind auf dem Arm und ihren beiden Toechtern links und rechts
und ganz links noch einige Dorfbewohner, die grade zum Fruehstueck da waren.

Am Morgen gibts fuer uns Fruehstueck unter der Bruecke, wir bekommen (wie alle andern auch) Suppe mit Huehnerfuessen. Nach einigen pantomimischen Meisterleistungen haben wir uns ueber unsere Glaubensrichtungen ausgetauscht, klargemacht wo wir herkommen und was wir (innerhalb Cambodias) vorhaben und dass wir sehr bald mit dem Nachwuchskriegen anfangen muessen, weil wir ja schon so alt und immer noch kinderlos sind.
Erst nach einer Weile bekommen wir heraus, dass das 60-jaehrige Ehepaar die letzte Nacht auf einer Pritsche hier unter der Bruecke geschlafen hat, um uns Platz in ihrem Bett zu schaffen. Unsere schockierten Mienen tun sie mit einem Lachen ab und erzaehlen gestenreich, dass vor uns schon einmal zwei dicke Amerikaner mit grossen lauten Motorraedern hier waren und auch bei ihnen geeschlafen haben, weil die Bruecke zu war.
Nach einem sehr herzlichen Abschied und einer komplizierten Gelduebergabe, weil sie schier nichts annehmen wollen, fahren wir voellig ueberwaeltigt zum Faehranleger, die Bruecke macht naemlich erst mittags auf. Dort haben wir Glueck und koennen uns gerade noch auf das Schiff quetschen, bevor es ablegt.



Eine Nacht bleiben wir in Stung Treng, dann gehts ab nach Kratie. Wir versuchen dabei, moeglichst viel von der Strecke direkt am Mekong hinunterzufahren. Erstens ists hier schoener und zweitens ist der Highway im Inland (laut Reisefuehrer "in exzellentem Zustand") die matschigste und deswegenn gefaehrlichste Strasse, die wir bisher gefahren sind. Als Zweirad wird man einfach von der schmalen Fahrrinne abgedraengt, wenn sich etwas groesseres naehert und muss dann zusehen, dass es einen im Schlamm nicht hinlegt.


"Highway 7 - in an excellent shape"
Da waren wir schon auf Dorfstrassen unterwegs, die in besserem Zustand sind.

Am Fluss hingegen faehrt es sich ruhiger, denn die Besiedelung ist so dicht, dass man im Prinzip durch ein Dauerdorf tuckert. Und weil sich das Leben der Menschen hauptsaechlich draussen abspielt, gibt es ziemlich viel zu sehen und zum zurueckwinken. Besonders die teilweise sehr alten Holzhaeuschen hier sind wunderhuebsch: auf Stelzen und per Treppe oder Rampe erreichbar, sind manche nur zur Strasse hin "verschlossen" und nach hinten einfach offen, also ohne Wand.



Wenn man genau hinschaut, sieht man hier, dass das Haus keine Rueckwand hat,
denn durch die Ritzen in der Tuer kann man das Gruen im Garten sehen.











In Kratie gefaellts uns prima, denn wir finden ein Guesthouse direkt am Markt und koennen vom Balkon aus den ganzen Tag dem Leben auf der Strasse zusehen. Wir bleiben zwei Tage, kaufen viel Obst und beobachten das Auf- und Abbauen der Haendler und die Einkaufsgewohnheiten der Einheimischen.





Nummernschilder braucht hier keiner

Spannend: so ein Roller will wohlueberlegt bepackt werden.

Der Uhrenverkaeufer vor unserem Guesthouse erklaert uns, wie wir von hier am Mekong entlang nach Kampong Cham kommen und wir fahren ein weiteres Mal stundenlang quasi durch die Wohnzimmer der Menschen am Fluss. Hier leben ueberwiegend Muslime, viele grosse Moscheen stehen auf Stelzen und geben ein interessantes Bild ab. Nach zwei Dritteln der Strecke nehmen wir eine Faehre ueber den Mekong nach Stung Trong und fahren dann westlich des Flusses weiter.





Dieses Mal haben wir Glueck. Eine Viertelstunde nachdem wir wohlbehalten ein Zimmer in Kampong Cham gefunden haben, regnet es fuer den Rest des Tages so stark, dass die Uferstrasse direkt vorm Guesthouse 30cm tief unter Wasser steht und man die 100m entfernte Bruecke zeitweise kaum noch sehen kann.

Fuer die naechste Tagesetappe haben wir uns viel vorgenommen. Frueh brechen wir auf und fahren ueber Udong zurueck nach Sihanoukville an der Kueste.



zwischen Kampong Cham und Udong erwartet uns ein neues Highway-Highlight:
Staub ohne Ende birgt Risiken und Nebenwirkungen 

Wir haben geradezu Mitleid mit denen, die hier wohnen,
denn der Staub ist ueberall, behindert die Sicht und macht das Atmen schwer.

Hier wollten wir eigentlich nur eine Nacht bleiben und dann zwei Tage auf der Insel Ko Rong schlafen. Doch schon auf unserer Fahrt nach Sihanoukville haben wir mit ordentlichen Regenschauern zu kaempfen und verkriechen uns am Ende pitschnass in unserem alten Guesthouse am Markt.
Dort bleiben wir. 
48 Stunden lang koennen wir kaum vor die Tuer, denn es schuettet ununterbrochen. Wir mummeln uns ein, essen Tomatenbaguette und erfreuen uns am Wetterbericht im Fernsehen, der zwar mit irrwitzig froehlicher Musik unterlegt ist, aber ansonsten duester aussieht. 
Tja. Kanns mal geben, heisst ja nicht umsonst Regenzeit.

Irgendwann muessen wir aber los, denn unser Visum laeuft aus und wir sollten ja unser Scooterchen vorher noch in Kampot abgeben.

Von dort gehts mit organiesierter Tour nach Ha Tien in Vietnam.
Unser erster Grenzuebertritt in fremder Hand funktioniert erstaunlich gut und wir werden nur um einen Dollar pro Person uebers Ohr gehauen. Soviel kostet es naemlich, dass der vietnamesische Grenzbeamte uns Weisse mit seiner Fieberthermometerpistole anpiepst. Normaltemperiert und kerngesund duerfen wir die Grenze uebertreten und werden weiterchauffiert. Was die wohl mit uns gemacht haetten, wenn einer wirklich Fieber gehabt haette?


Abendstimmung in Ha Tien