Nach unseren Inseltagen machen wir uns auf in den Hohen Norden Vietnams, wo wir uns auf grandiose Landschaften und untouristische Gegenden freuen - zu Recht!
Als wir in Cat Ba aufbrechen, geht grade mal wieder die Welt unter und unsere liebe Gastmama schenkt uns aus Mitgefuehl stabile Regenhosen und sogar Ueberschuhe.
Fuer uns ist das wie Weihnachten und Ostern zusammengenommen, denn genau danach suchen wir schon seit zwei Monaten.
So ist der erste lange Fahrtabschnitt nach Lang Son zwar verregnet, langweilig und unangenehm, aber wir bleiben immerhin trocken und frieren nicht. Das war schon anders.
Ungefaehr die Haelfte der Strecke verlaeuft ueber eine verhaeltnismaessig vielbefahrene Strasse Richtung China, aber danach fahren wir durch huegelige Reisfeldlandschaften auf einem schmalen Straesschen. Hier sehen wir keine Auslaender, aber dafuer viele neugierige, lachende und erfreute Gesichter.
Wir sind schon etwas spaet dran und haben noch 60km vor uns, als Sybille ihre erste ernstzunehmende Panne hat: Die Kette springt vom Ritzel. Und zwar immer wieder.
So kommen wir keine 100m weit.
Um uns herum hats nur vereinzelte kleine Huetten und sicher keine Werkstatt.
Nach einigem Rumprobieren findet Jonas das Problem und geht bei den naechsten Nachbarn nach einem 10er- und 13er-Schluessel fragen, denn die haben wir nicht in unserem spaerlich bestueckten Werkzeugtuetchen. Er wird sogar fuendig und bringt gleich noch den Sohn des Hauses mit, der mit seinem Handy schuechtern, aber eifrig die Auslaender fotografiert, die grade sein Werkzeug geliehen haben.
Nach einer halben Stunde ist Sybille wieder fahrbereit und Lisa stolz auf Jonas, dass er ganz allein unser Motorrad repariert hat.
In Lang Son kommen wir dann zwar spaet und im Dunkeln, aber dafuer gut an und finden schnell eine nette Unterkunft. Ausserdem hat es hier das coolste Restaurant unserer Reise - mit Buffett! Genau das richtige nach einer solchen Fahrt.
Am naechsten Morgen gehts - nach Buffettfruehstueck - weiter Richtung Cao Bang.
Die Strecke ist kurz und wir kommen nach wenigen Stunden an und kaufen Obst und Proviant fuer den andern Tag, denn da wollen wir eine Tour an die chinesische Grenze machen, wo es einen grossen Wasserfall und eine Hoehle zu besichtigen gibt.
Unerwarteterweise sind die Strassen zum Wasserfall groesstenteils nagelneu, breit und leer. Wir schaffen die 100km-Strecke in guten 2 Stunden - ein 50er-Schnitt ist beachtlich, das schaffen wir selten. Abgesehen davon lohnt sich der Weg auch wegen der wunderbaren Kalkfelsen, die hier bildhuebsch aus topfebenen Reisfeldern emporschiessen und immer wieder fuer tolle Ausblicke sorgen.
In der Hoehle und am Wasserfall sind wir dann nicht mehr die einzigen Touristen, denn auch viele Einheimische reisen hier gerne her. Es ist immer wieder unterhaltsam den stoeckelbeschuhten Damen zuzusehen, wie sie sich gegenseitig in bunten Kleidchen und mit passendem Hut im Reisfeld, vorm Wasserfall oder den Tropfsteinen ablichten - in den abwechslungsreichsten Posen versteht sich.
Wir sind ja quasi immer noch gut erholt von Cat Ba Island und beschliessen deshalb, von Cao Bang bis Ha Giang in einem Rutsch durchzufahren. Oder es zumindest zu versuchen.
Unser Gueshousebesitzer erklaert uns den besten Weg und wir ziehen los. Ueber 300km liegen vor uns - und die Strassen sind abenteuerlich. Das wird ein langer Tag.
so wird hier "Holz gemacht" |
Mitreisende mit Kind - wir treffen sie immer wieder entlang der gesamten Strecke. |
Fuer unsere Reise in den hohen Norden der Provinz Ha Giang, holen wir uns hier in der Hauptstadt ein Travel Permit, dann kanns losgehen. Weil wir hier auch wieder durchkommen, wenn wir weiter nach Westen fahren, lassen wir fast alles Gepaeck im Guesthouse und nehmen nur das Noetigste mit. Bei der Kurverei, die uns die naechsten Tage erwartet, eine gute Entscheidung.
Am ersten Tag fahren wir nur 40km bis Tam Son, denn es regnet viel und wir haben auch keine Lust auf weite Strecken.
Hier bleiben wir - wegen Regen - auch gleich noch eine Nacht, denn warum im Vollsiff in einer Gegend herumfahren, die fuer ihre tolle Landschaft beruehmt ist, wenn man davon dann sowieso nichts sieht?
Sybille wird zusammengeschweisst, denn der Gepaecktraeger ist etwas instabil in letzter Zeit. |
Erholt und bei etwas besserem Wetter machen wir uns dann auf den Weg nach Dong Van ueber Yen Minh.
Die Berge werden immer wilder und es ist beeindruckend, wie die Menschen hier trotzdem Landwirtschaft betreiben. Auf jedem Fleckchen Erde zwischen den Felsbrocken werden Mais, Kuerbisse und manchmal sogar noch Reis angebaut.
In Dong Van machen wir Pause und beschliessen spontan, heute gleich noch nach Meo Vac weiterzufahren, denn diese Strecke soll die beeindruckendste ueberhaupt sein. Gerade ist das Wetter in Ordnung - also lieber jetzt was sehen, als morgen eventuell bei Nebel und Regen am Aussichtspunkt stehen und enttaeuscht sein.
Kurz shoppen im Laedelchen in Dong Van ... |
... und mit dem Kaetzli spielen, dann gehts wieder weiter. |
Die 25km bis Meo Vac halten, was sie versprechen: man hat staendig eine wunderbare Aussicht. Beruehmt sind sie, weil sich die Strasse sehr fotogen waagrecht an den Huegeln entlangwindet, waehrend der Hang links steil ins Tal abfaellt.
Wir haben Glueck, denn waehrend der halben Stunde, in der wir fotografieren, zieht der Nebel auf und als wir losfahren, sieht man gar nix mehr.
In Meo Vac gibts erstmal eine gute Pho Bo und leckere Fruehlingsrollen :)
Und am naechsten Morgen gehts wieder "heim" nach Ha Giang, anfangs auf unbekannten Wegen Richtung Yen Minh und danach auf demselben Weg zurueck, wie wir hergekommen sind.
In dem Stadtchen ist unter der Woche nicht viel los, aber am Sonntag, wenn Markt ist, herrscht Ausnahmezustand.
Viele Touristen stroemen heran, denn die Damen und Herren aus den Doerfern in den Bergen kommen in grosser Zahl zum Ein- und Verkaufen her und geben in ihren teilweise sehr bunten Trachten ein tolles Bild ab.
Im Reisefuehrer wird der Norden Vietnams (und auch andere Gegenden anderer asiatischer Laender) hauptsaechlich empfohlen, weil man hier die sogenannten Minoritaetendoerfer und ihre Menschen besuchen kann. Wir sind nicht so die Bergdorf-Gucker, denn irgendwie wissen wir nicht so recht, was wir vom Tourismus in den Doerfern halten sollen.
Auch an der Bezeichnung "Minoritaeten" koennen wir nicht so recht Gefallen finden.
Die Einzigen, die hier auf dem Markt in Bac Ha wirklich auffallen, sind eine kleine Gruppe seltsam gekleideter Menschen, die ihre Umgebung scheinbar bevorzugt durch eine kleine schwarze Kiste wahrnehmen: wir fotowuetigen Touristen. Da braucht man sich nicht lange zu fragen, wer hier die nicht ins Bild passende Minderheit darstellt...