"Here nobody cares about tourism" meint dazu Ranjan, der uns jeden Abend mit dem leckersten Fisch in allen Variationen bekocht und immer eine druckreife Lebensweisheit und das schoenste Grinsen Indiens parat hat.
Nur zwei kleine "Resorts" (=Huettencamps) gibt es an unserem Strand. Wegen des Tsunamis vor 10 Jahren liegen sie in respektvollem Abstand zum Wasser. Dazwischen und drumrum: nichts. Zumindest nichts, was mit Tourismus zu tun hat. Die Menschen leben von Landwirtschaft, Fischfang oder ihren kleinen Shops und nicken uns laechelnd zu, wenn wir vorbeigehen, aber das wars dann auch. Sie brauchen uns nicht, wollen uns nicht mit allen Mitteln in ihren Laden lotsen, preisen nicht ihre qualitativ hochwertigen Waren an und wollen uns auch nicht zu Delfin-Sichtungs-Touren rausschippern.
Auch das Meer und die wunderschoenen Straende vor ihrer Nase interessieren sie nicht so sehr - Ranjan: "We hear the waves from the moment we open our eyes in the morning until we close them for sleeping in the evening, its nothing special."
Und so kommts, dass man hier auf Little Andaman wunderschoene kilometerlange Supersandundmuschelstraende ganz fuer sich alleine hat :)
Paradiesisch.
unser Lieblingshundemaedel |
Am liebsten liegen wir an der Lagune. Hier gibts auch eine kleine "Hoehle", durch die man auf die andere Seite der Felsen klettern kann.
Aber die Insel hat ausser Strand und Meer auch anderes zu bieten:
Der Wahnsinnstrip ist Teil unseres Ausflugs zu den Wasserfaellen im Dschungel, die zwar schoen sind, aber durch die Anfahrt dorthin etwas in den Schatten gestellt werden.
am Wasserfall werden wir staendig von einem sehr zutraulichen Schmetterling besucht, der sich auf unsere Koepfe und Haende setzt. |
Auf dem Rueckweg halten wir noch bei ein paar Elefanten in den Plantagen |
Wir wollten mittags eigentlich auf einer Rundfahrt zwei kleinere umliegende Inseln anschauen, daraus wird aber nichts, weil wir - ohne Uebertreibung - SECHS Stunden brauchen, um unser (Muschel-)Paket nach Hause zu versenden:
- 12.00 Uhr: Wir kommen mit all unseren zu versendenden Sachen in der Post an, es ist die Hoelle los und wir hoffen, ueberhaupt noch vor der Mittagspause (13.00 bis 13.30) dran zu kommen. Indische Beamte - und auch die in der Schlange stehenden Inder - sind durch nichts aus der Ruhe zu bringen...
- 12.30 Uhr: Waehrend wir warten, versuchen wir die draengelnden Maenner abzuwehren, schuetteln den Kopf ueber die kleinschrittige Arbeitsverteilung der Beamten und formulieren fuer uns tausende Verbesserungsforschlaege.
- 12.37 Uhr: Einige Frauen eroeffnen eine "Ladies-Queue" und Lisa kann sich dort anstellen. Dies ist einer der Vorteile in Indien: An jedem Schalter kann eine extra Frauenschlange gebildet werden. Aber schneller geht es deshalb nicht immer, weil die Damen des oefteren einfach ignoriert werden.
- 13.03 Uhr: Wir sind dran! Unser Schalter macht zum Glueck erst spaeter Pause und der nette Beamte erklaert uns ausfuehrlich, wie wir unser Paket einpacken muessen und zeigt uns sogar ein fertiges: mit Stoff vernaeht und mit roten Wachspunkten versiegelt haetten sie es gerne. Wir fragen extra nochmal nach, weil wir bisher unsere Pakete weder so noch selbst verpacken durften, sondern alles beim Zoll vorfuehren und dann einpacken lassen mussten.
- 13.20 Uhr: Auf der Strasse erbetteln wir uns einen Karton in passender Groesse bei einem Laden und kriegen ihn sogar geschenkt.
- 13.38 Uhr: Zurueck im Hotel verpacken wir alles schoen bruchsicher.
- 14.10 Uhr: Mit einer Rikscha gehts erneut zur Post - wir sind zu faul, alles nochmal durch die Stadt zu schleppen.
- 14.15 Uhr: Wir fragen nochmal, wo GENAU wir unser Paeckchen einnaehen lassen koennen, werden aber nur - wie zuvor - auf die andere Strassenseite geschickt.
- 14.20 Uhr: Wir fragen uns mit unserem Karton auf dem Arm und filmreifer Pantomime durch die kleinen Laedelchen am Strassenrand und entfernen uns dabei immer weiter vom Post-Office, weil uns alle immer nur weiter die Strasse runter winken.
- 14.30 Uhr: zwei nette aeltere Herren verschliessen liebevoll unseren Karton und das auch noch umsonst, leider aber nur mit Klebeband und Papier, nicht mit dem erforderlichen weissen Stoff, aber immerhin :)
- 14.44 Uhr: Nach ewigem Immer-weiter-da-lang sind wir in der Innenstadt angekommen und kennen uns wieder aus. So suchen wir uns mal einen Stoffladen und erhalten - juhuuuu- einen Meter weissen Baumwollstoff und die Wegbeschreibung zum naechsten Schneider.
- 14.53 Uhr: In einem kleinen Raum stehen 16 Tische mit Naehmaschinen, daran sitzen 7 Maenner bei der Arbeit und einer unterbricht diese sogar, um sich um unser Paeckle zu kuemmern. Seine Naehmaschine ist ein altes Modell, das einmal per Fuss betrieben wurde, jetzt aber mit einem Mini-Elektromotor in ungeahnter Geschwindigkeit vor sich hin rattert. Waehrend er die letzten Stiche von Hand macht, faellt in der ganzen Gasse der Strom aus, die Maenner seufzen, stehen auf, kommen aus dem finsteren Raum und nachdem sie ausgiebig und in aller Ruhe uns, unser Paket und den schoenen Baumwollstoff betrachtet haben, oeffnen sie das Garagentor nebenan, ziehen einen hochmodernen Honda-Generator raus, schliessen ihn an und neahen weiter. Wir freuen uns wie an Weihnachten ueber diese verrueckte Szene und sehen gutmuetig darueber hinweg, dass der Schneider nicht sehr billig ist und uns auch keine Wachspunkte auf unser Paket machen will.
- 15.10 Uhr: Wir entscheiden, noch einmal in der Naehe der Post zu suchen und nehmen wieder eine Rikscha hin, denn das Paket ist schwer und der Weg weit.
- 15.14 Uhr: Jedem einzelnen Shop-Besitzer demonstrieren wir ausfuehrlich und gestenreich, dass wir Wachspunkte auf unserem Paket brauchen und wie verzweifelt wir sind, doch sie koennen uns nicht weiterhelfen und schicken uns nur immer weiter...
- 15.30 Uhr: Wir werden in einem Supermarkt gelotst, um uns das Wachs selbst zu kaufen - einen richtig echten Supermarkt, unser allererster in Indien. Hier stehen sogar Preise an den Waren! Aber Wachs gibts keines und auch die Mitarbeiter schuetteln verstaendnislos den Kopf, wenn wir unser Anliegen vortragen.
- 15.42 Uhr: Wir sind wieder in der Post und stehen an. Wenn wir nirgens jemand finden, der unser Paeckle versiegelt, denken wir, gehts vielleicht auch ohne das doofe Wachs.
- 16.50 Uhr: In der Schlange lernen wir einen netten Herrn kennen und bestaunen neidisch sein wunderhuebsch versiegeltes Paket. Er erklaert uns, dass er das selbst gemacht hat und wir uns doch einfach Wachs, Teelichter und Streichhoelzer kaufen sollen, es sei ganz einfach. Wir fragen nach dem Siegel, schliesslich haben wir das ja nicht. Da macht der Mann grosse Augen und sagt, wir sollen einfach eine Muenze nehmen, woraufhin wir dann die Augen aufreissen.
- 16.55 Uhr: Wieder im Supermarkt. Waehrend Jonas weiter ansteht, besorgt Lisa Streichhoelzer und bunte Teelichter. Die Angestellten im Markt laufen extra los und erkundigen sich bei der Chefin hoechstperoenlich, wie man mir weiterhelfen koennte. Von irgendwoher bringt dann ein Laufbursche eine rote Wachsstange, nachdem wir schon darueber verhandelt haben, ob man die Punkte nicht auch mit dem Wachs des neonpinken Teelichts hinbekommen wuerde.
- 17.10 Uhr: Am Postschalter sind wir fast dran und warten noch kurz, aber der Beamte will nicht mit uns reden, weil wir noch keine Punkte haben und schickt uns weg.
- 17.13 Uhr: Vor der Post setzen wir uns auf den Boden, zuenden unser himmelblaues Teelicht an und schmelzen damit das Wachs. Das schmieren wir dann aufs Paket und druecken eine 2-Rupien-Muenze rein und kommen uns dabei sehr mittelalterlich vor.
- 17.25 Uhr: Wir stehen wieder an. Wir glauben, dem Schild an der Wand entnehmen zu koennen, dass die Post um 18.00 schliesst und werden nervoes.
- 17.30 Uhr: Jonas laeuft los, um einen Geldautomaten zu suchen, damit wir am Ende nicht am Preis scheitern, kommt aber bald entmutigt zurueck, weil mal wieder keines der Dinger funktioniert.
- 17.45 Uhr: Eigentlich sind wir dran, werden aber von den Beamten nur hin und her gereicht, weil keiner Lust auf uns zu haben scheint. Wir schmieren hektisch mit Kuli den Absender und die Heimatadresse auf den Stoff, damits spaeter schneller geht.
- 17.55 Uhr: Das Paeckle ist auf der anderen Seite der Glasscheibe! Dort steht es zwar nur und keiner bearbeitet es, aber wir sind es schonmal los.
- 18.03 Uhr: Die Post macht wohl doch nicht um sechs zu und der Mann hinterm Glas hoert endlich auf, Berge von Papier zu schichten und altmodische Holzstempel auf Briefe zu druecken, die man vor lauter Briefmarken kaum erkennt und spricht mit uns ueber unser Paeckle.
- 18.07 Uhr: Wir duerfen zahlen - unser Bargeld reicht graaade so...
- 18.10 Uhr: Es ist weg! Endlich :)
Wer braucht schon ne Hafenrundfahrt, denken wir uns, Paketversenden ist ja auch ein Erlebnis...