Mit einem Linienbus fahren wir von Ha Tien ueber Long Xuyen nach Can Tho. Auf der 4-stuendigen Fahrt immer tiefer ins Mekong-Delta koennen wir das Netz aus Kanaelen und Strassen auf uns wirken lassen und sehen beeindruckende Szenen. Wir kommen beispielsweise an einem kleinen Fischerboot vorbei, hinten von einer Frau gesteuert und vorne mit einem Kind flankiert, das ein grosses Stueck Plastikplane als Segel vor sich haelt, damit es schneller voran geht.
Dauernd passieren wir nette Bruecken und sehen manchmal weit ins Land hinein ueber die Reisfelder, die von den Kanaelen bewaessert werden.
Je weiter wir ins Delta fahren, desto dichter wird die Besiedelung und auch die Bebauung veraendert sich. Aus kleinen Holzhuetten werden gemauerte Haeuser und spaeter grosse Gebaeude, unter die sich viele moderne Laeden, Fabriken und allerlei Dienstleister mischen, die mit viel Leuchtreklame auf sich aufmerksam machen wollen.
Can Tho schliesslich ist wesentlich moderner als jede Stadt, die wir in Cambodia gesehen haben.
Wir laufen vom Busbahnhof in die Innenstadt und finden dort ein nettes Hotel mit schoenem Ausblick ueber die Gassen, eine super Strassenstandmeile und sehr viel Obst und Gemuese, das ueberall in den Strassen angeboten wird.
alles Essensstaende :) |
Sehr verlockend bei der hier herrschenden Hitze:
ein Wasserpark mit vielen grossen Rutschen. Nix wie hin!
Offensichtlich sind wir die einzigen, die so denken, denn keine einzige Rutsche ist mehr in Betrieb und auch im Wellenbad (ohne Wellen) sind wir recht alleine.
Wer weiss, vielleicht ist ja am Wochenende mehr los?
Trotzdem sehen einige der Dinger nicht so aus, als ob sie noch benutzbar sind...
Wir wollen uns in Vietnam ein Motorrad kaufen, denn das geht hier sehr einfach und viele Reisende besorgen sich eine Maschine fuer die Strecke von Hanoi nach Ho-Chi-Minh-City oder andersherum.
Das fuehrt dazu, dass man in beiden Staedten ziemlich einfach an die bei Travellern beliebten Honda Wins (oder entsprechende chinesische Kopien) kommt. Diese Bikes sind dann aber schon zig mal hoch und wieder runter gefahren worden und meist in miesem Zustand. Die Haendler kaufen sie von Reisenden, die schnell weiter muessen billig auf und reparieren nur das noetigste, um sie wieder fuer 300 oder 350$ an Traveller weiterzuverkaufen.
Billiger, aber in noch schlechterem Zustand bekommt man sie direkt von Reisenden, aber das ist keine allzu gute Alternative.
Wir versuchen den Kreislauf zu umgehen, indem wir uns schon in Can Tho nach einem Motorrad umschauen, dann muessen wir eventuell gar nicht nach HCMC.
Doch weder auf dem Land noch in Can Tho sehen wir Einheimische auf einer Honda Win, dementsprechend oft gibts die hier zu kaufen: naemlich gar nicht.
Also leihen wir uns fuer einen Tag eine alte Honda Dream, um zu testen, ob wir eventuell auch mit einer so kleinen Maschine auskommen koennen.
Wir erkunden die Umgebung und die Stadt und machen schnell Bekanntschaft mit den vielen Mechanikern an jeder Strassenecke, denn wir haben zweimal einen Platten und einmal einen leeren Tank, weil unsere Tankanzeige nur vorgibt zu funktionieren, in Wirklichkeit aber eine Luegnerin ist.
Von all dem abgesehen, ist das Ding einfach zu klein fuer uns und klappert an allen Ecken. Also muessen wir uns wohl doch die Bikes in HCMC vornehmen...
hier sind die Bruecken etwas groesser als im westlichen Delta |
nette Mechaniker gibts hier zum Glueck ueberall |
Unsere Probefahrt mit der Dream beginnt frueh morgens:
Um fuenf gehts los, denn wir wollen die Floating Markets in der Gegend anschauen. Zuerst fahren wir nach Cai Rang, dort leuchten uns aber schon von Weitem die neonorangen Schwimmwesten der grossen Touristenboote entgegen und wir entscheiden uns schnell fuer den anderen Markt in Phong Dien, denn er ist viel kleiner und etwas weiter weg und wird auch dementsprechend weniger besucht.
Dort angekommen finden wir einen sehr netten Mann, oder besser gesagt: wir werden von einem sehr netten Mann auf einem Roller verfolgt, der uns schliesslich zum Anhalten bringt, damit wir mit ihm reden. Er spricht zwar kein Wort Englisch, hat aber Stift und Papier dabei, um die wichtigsten Zahlen aufzuschreiben und so erfolgreiche Verhandlungen zu fuehren. Gluecklich fuehrt er uns zu einem kleinen Ruderboot und schippert uns kurz darauf mitten ins Getuemmel.
Es ist wunderbar! Voll, bunt, geschaeftig und mal wieder sehr schwer in Worte zu fassen.
unser bestens gelaunter Captain |
Achtung: fliegender Kuerbis! |
Suppenverkaeuferin auf der Suche nach Kundschaft |
Nach zwei Tagen "Landleben" machen wir uns auf in die Grossstadt.
Hier hat es wohl gerade heftig geregnet. Wir fahren durch ueberflutete Uferstrassen und trauen unseren Augen kaum, als der komplette Fussraum an der Bustuer vom hereinstroemenden Wasser ueberschwemmt wird.
Die Stadt an sich erscheint uns aber trockener und bei genauem Hinsehen um einiges angenehmer, als wir erwartet hatten:
Das Backpacker-Viertel besteht aus einigen breiten Strassen, in denen man vor lauter blinkenden Schildern, die zugehoerigen Laeden, Resraurants und Hotels kaum noch erkennen kann, auf die sie hinweisen. Ueberall lauern Fahrradrikschafahrer und Motodriver auf Kundschaft und alle anderthalb Meter wird man von leichtbekleideten Damen oder coolen Typen zwecks Massage, Marihuana oder Restaurantbesuch angesprochen und mit Flugzetteln versorgt.
Zwischen diesen grossen Strassen verlaufen aber viele kleine Gaesschen, die uns ein wenig an Varanasi in Indien erinnern. Sobald man in eine Gasse einbiegt, blinkt nur noch wenig und je weiter man in das kleine Labyrinth eintaucht, desto mehr entfernt man sich von dem ganzen Touritrubel. Hier leben zwar auch fast alle Einheimischen direkt oder indirekt von uns Reisenden, trotzdem hat sich aber eine tolle Atmosphaere erhalten, die ganz anders ist, als das Neonluxusgeblinke draussen.
Wir kommen bei einer sehr lieben Familie in einer kleinen Nebengasse unter, die ihre Zimmer im Haus an Traveller vermietet und dafuer im Wohnzimmer und einem niedrigen Zwischengeschoss schlaeft. Das machen viele Leute so, waehrend andere im Erdgeschoss ein kleines Strassenrestaurant, einen Laden, Friseursalon oder Fruchtshake-Shop betreiben. Obwohl sich viele Reisende in den Gassen einquartieren, sieht man hauptsaechlich Einheimische, die hier ihren alltaeglichen Einkauefen nachgehen oder sich im Restaurant auf ein Schwaetzchen treffen.
unser Ausblick vom Balkon auf die Gasse |
hier leben die Leute (wie bisher ueberall in Asien) sehr offen und man schaut permanent in irgendwelche Wohnzimmer, wenn man durch die Gassen geht |
Jeder bietet irgendetwas an und bestreitet so seinen Lebensunterhalt |
Wir essen immer nur in den Mini-Resttaurants ...
... und werden schnell Stammgaeste bei dieser lieben aelteren Dame, mit der wir (wie so oft) nur mit Handzeichen und Laecheln kommunizieren und uns super wohl fuehlen.
Fuenf Tage bleiben wir hier, um uns unserem neuen Ziel zu widmen: ein Motorrad finden. Wir klappern alle Haendler ab, fahren die Maschinen, die anspringen und genug Luft in den Reifen haben, Probe und checken die, fuer die wir uns nach der Ausfahrt immer noch interessieren mit einer langen Liste auf alle moeglichen Maengel durch.
Der Verkehr hier ist ungeheuerlich und man kann nur staunen, wie fluessig sich die Masse an Rollerfahrern ohne die zu erwartenden Unfaelle ueber die Kreuzungen schiebt. Da fahren die Linksabbieger mit vollem Tempo in den anfahrenden Gegenverkehr, ohne dass auch nur das geringste passiert.
Vom Strassenrand aus wirkt das alles aber viel bedrohlicher, als wenn man selbst mitmischt. Dann sieht man naemlich nur die Fahrer im direkten Umfeld und lernt schnell die wichtigste Ueberlebensregel:
Immer mit dem Strom schwimmen. Gerade beim Linksabbiegen kann man sich hinter andere haengen und sie als Schutzschild benutzen. Auch an roten Ampeln anzuhalten ist nur dann ratsam, wenn alle andern das auch machen, sonst kanns gefaehrlich werden. Ansonsten gilt die Regel; das klappt schon, die 15-jaehrigen Maedels um uns herum koennen das ja auch...
Nach einigem Hin und Her, vielen Runden um den Block und einer Maengel-Checkliste, die wir mittlerweile im Schlaf durchgehen koennen, entscheiden wir uns fuer diese Maschine:
Sie hat von allen gefahrenen Bikes die wenigsten Maengel, kommt schon mit einigen neuen Teilen und wird vom Verkaeufer noch ein wenig nach unserem Wuenschen aufgeruestet. Ausserdem ist sie eine indonesiche Kopie einer Honda Win und NICHT eine chinesische, die scheinbar noch weniger taugt.
Sie soll Sibylle heissen.
Nachdem wir den Kauf hinter uns haben, gehen wir auf die Pirsch nach allem Moeglichen, was man so brauchen kann, wenn man ein eigenes Motorrad besitzt: Regenueberwurf, gescheites Schloss, Werk- und Flickzeug, Spanngurte, WD 40-Spray,...
Dazu schauen wir uns auf einem "Bau-Markt" um, der genauso aufgebaut ist, wie die Obst- und Gemuesemaerkte in Asien. Nur dass dies kein Hausfrauen-, sondern eher ein Heimwerkerparadies ist. Wir finden alles was wir brauchen und noch viel viel mehr ;)
Auf der Strasse lassen wir uns noch schnell unsern Motorradschluessel nachmachen - nach 30 Sekunden ist der Mann mit zwei neuen Schluesseln fertig!
Auf der Suche nach grossen Plastikplanen fuer unsere Rucksaecke kommen wir an solchen Lkw- und Markisen-Schneidereien vorbei. Spontan wollen wir uns Saecke fuer unsere Rucksaecke naehen lassen...
... Das stellt sich als gar nicht so einfach heraus, wenn man sich nicht in derselben Sprache unterhalten kann. Doch nach einigen Skizzen und Demonstrationen ist unser Anliegen klar und wir duerfen fuer weitere Verhandlungen einige Saecke anschauen und mit einem jungen Maedchen telefonieren, dass ein wenig Englisch spricht. Wir bestellen zwei Packsaecke aus moeglichst wasserdichtem Material, machen eine Anzahlung und duerfen am naechsten Tag wieder kommen...
... Wir sind begeistert! Die Dinger sind zwar grosszuegiger geschnitten, als gedacht und wirken eher wie Schlafsaecke, aber sie sind extrem robust und wasserdicht. Unsere Rucksaecke sind beim Motorradfahren also bestens geschuetzt - sogar besser als wir.
Sibylle - es kann losgehen! :)