Dienstag, 2. Dezember 2014

B wie Blickwinkel


Beim Fotografieren während dem Reisen neigt man dazu, alles nur aus seinem allervorteilhaftesten Winkel abzulichten. Und davon stellt man dann nur die allerbesten Bilder ins Internet, um den Daheimgebliebenen zu zeigen, was man so Tolles erlebt.
Das führt dazu, dass es immer überall super aussieht, wenn man sich die Bilder anschaut. Natürlich ist das in Realität aber nicht so und man kann als Fotografierender ein bisschen darüber nachdenken, ob man auch das Hässliche und Negative oder auch nur das Normale und Durchschnittliche festhalten soll oder will.
Das wiederum bringt Schwierigkeiten mit sich, denn bei einem schönen Motiv ist man selbstverständlich motivierter, die Kamera auszupacken, als bei einem langweiligen, hässlichen oder sogar verstörenden. Auch sind negative oder unangenehme Anblicke nichts, was man sich gerne länger anschaut oder gar mit anderen teilen möchte.
Natürlich gehts dabei nicht nur um irgendwelche schrecklichen Sachen, die man allen lieber ersparen und schneller wieder vergessen will, sondern auch um ganz normale Fotos, die man logischerweise so aufnimmt, dass sie am vorteilhaftesten aussehen. Man will ja, dass ein schönes Bild herauskommt. Das führt aber auch dazu, dass viele Bilder nicht die ganze Wahrheit zeigen, also ein bisschen lügen und das Abgebildete quasi "schönreden".

Ab und zu, wenn wir daran gedacht haben (was zugegebenermaßen gar nicht so oft vorkam), haben wir versucht, mit zwei Bildern den Unterschied zwischen "schönem" und "echtem" Foto zu zeigen.

Meistens macht einfach der herumliegende Abfall den Teil des Bildes aus, den man lieber weglassen würde. In manchen Ländern besteht ein größeres Müllproblem, als in anderen, aber oft ist er allgegenwärtig. Sogar im sonst so sauberen Thailand, trifft man nicht überall auf schön für den Touri gesäuberte Strände:

"Unser" Strand Ao Son in Ko Tarutao, wo wir 10 Tage gezeltet haben.
Sieht ganz huebsch aus, wenn man mal den ganzen Muell ignoriert, den das Meer jahrelang angeschwemmt hat und der sich am Waldrand auftuermt...








Allgemein neigt man an Straenden dazu, sie moeglichst huebsch, sauber und menschenfrei drauf zu kriegen. Auch wenn sie das in Wirklichkeit gar nicht sind und man aus einem ganz bestimmten Winkel fotografieren muss, damit sie so wirken.
Ao Molae (auch auf Ko Tarutao)


Muscheln sammeln ist auch nicht immer so idyllisch, 
wie man sich das vorstellt... wie an manchen Stränden auf Bunaken, Indonesien.



nahezu alle einsamen Straende in der Lan Ha Bay (Vietnam)
waren so voller riesiger Styroporklumpen, dass man daraus Moebel und anderes bauen konnte...




Auch am Strand bei Hoi An (Vietnam), kommts auf die Perspektive an:
leerer weiter Strand in die eine und vollgestopfter in die andere Richtung.


Oefter haben wir auch so etwas beobachtet:
Man muss sich bewusst machen, dass viele der "tollen Portraits", die man so im Internet sieht, in einer voellig unromantischen Situation zustande kommen. Da fragt der Gruppenleiter einer Reisegruppe womoeglich einen alten Mann, der im Schatten eines Baumes gemuetlich eine Zigarre raucht und kurz darauf scharen sich 8 Kameras mit Monsterobjektiven um ihn und huellen ihn fuer 10 Minuten in grelles Blitzlicht, bis auch wirklich jeder ein zufriedenstellendes Foto hat.
Mit dem Mann reden tut dann kaum einer, denn der spricht ja kein Englisch.
Manchmal, wie in Indien setzen sich besonders fotogene Leute auch einfach irgendwo hin oder laufen "Foto? Foto?"-fragend durch die Strassen, um sich so ihr Geld zu verdienen. Dann kann man sie dafuer bezahlen, dass man draufhalten und 30 Aufnahmen aus den verschiedensten Winkeln machen kann. Das kann dann auch etwas ausarten, wie hier, wo der Forograf dem Mann nach jedem Bild Anweisungen gab, wie er den Kopf zu drehen und zu schauen habe.
Naja. Uns hat das nicht besonders gefallen und wir haben versucht, nur Portraits zu machen, wenn wir vorher ausfuehrlich mit den Leuten gesprochen haben und dann zum Abschied nach EINEM Foto fragen konnten. Nicht nach 20.

Dann gibts natuerlich noch die Sehenswuerdigkeiten, die man lieber schoen idyllisch und menschenleer ablichtet, als so ueberfuellt, wie sie vielleicht in echt sind.
Preah Kahn Tempel bei Siem Reap (Cambodia)


derselbe Tempel von 10 Meter weiter hinten ;)


Angkor Wat (auch bei Siem Reap)


Taj Mahal in Agra (Indien)

In Varanasi oder allgemein in Indien, war es einfacher, auch mal der Dreck und Muell fuer ein "schoenes" Foto zu nutzen, denn in Indien gehoert das einfach dazu. 
Gassen in Varanasi (Indien)