Montag, 8. Dezember 2014

H wie Heimweh




Oft kam die Frage: "Ja habt ihr jetzt nicht langsam mal Heimweh?"
- Und ja natürlich, wir haben dauernd Heimweh. Manchmal mehr und manchmal weniger, das hängt von der momentanen Situation ab. 
Aber deswegen fährt man ja nicht sofort wieder nach Hause :-) 
Daheim sehnt man sich ja auch oft weit weit weg und setzt sich deswegen nur selten spontan in den Flieger. 
Außerdem dachten wir uns, dass wir, sobald wir wieder daheim sind, sowieso nach zwei Wochen wieder weg wollen und bereuen würden, so Hals über Kopf alles abgebrochen zu haben. Deswegen ist Durchhalten angesagt. Irgendwann kommen wir schon wieder nach Hause und Vorfreude ist ja schließlich die schönste Freude, gell :-) 
Unter Travellern kommen auch oft solche "und, was vermisst ihr am meisten?"-Gespräche zustande. Weil wir beide da immer im Chor mit " Essen!" antworten, sonst aber ganz unterschiedliche Meinungen haben, hier mal eine Aufzählung von Dingen, auf die wir uns sehr freuen wenn wir heim kommen:

- Allem voran aufs Essen. Wir achten echt darauf, schnell mit den Traeumereien aufzuhoeren, wenn mal einer mit "Boah, jetzt gescheite Maultaschen oder ein Kaesebrot" anfaengt. Das richtet sonst nur Schaden an, weil man an nix anderes mehr denken kann.
Ganz oben auf der Sehnsuchtsliste stehen ausserdem selbstgemachte Pizza, Lasagne, Butterbrezeln, Kaesspaetzle, Serrano-Schinken, Rindfleisch mit Meerrettich, Tortellini mit Käsesahnesoße odet Spaghetti Bolognese mit viel Kaese... eigentlich alles was mit Kaese zu tun hat!
Auch Suessigkeiten fehlen uns, vor allem waeren ein paar Gummibaerchen oder bissl Schokolade manchmal ned schlecht. Oder Schokopudding. Vanillepudding. Zebrakuchen. Oder Milchreis mit Zimt und Apfelmus. Oder Aepfelkuechle.... ohje, jetzt hoeren wir besser auf, sonst hat das boese Folgen.
Ah! Aber Obst vermissen wir auch. Auch wenn Mango und Ananas hier goettlich schmecken, hats zu Hause doch auch viele viele tolle Sachen, nach denen man hier lange suchen muss: Pfirsiche, Nektarinen, Zwetschgen, Kirschen, allerlei Beerenobst, Trauben, Aepfel und Birnen. Manchmal findet man auf den Märkten Äpfel oder Trauben, die aber meist von sonst wo importiert sind und dementsprechend mies schmecken.

- Eng damit verbunden ist natuerlich das Kochen. Bis auf sehr wenige Ausnahmen haben wir nie selbst gekocht und das vermissen wir seeehr! 
Wir haben uns schon ueberlegt einen zweiwoechigen "Ernaehrungsplan" fuer Daheim aufzustellen, damit wir wissen, was es in den ersten beiden Wochen alles leckeres Selbstgemachtes gibt, worauf wir uns freuen können.


So geht selbst kochen zwar auch,
ist aber nicht dasselbe wie Daheim :)


- Natuerlich vermissen wir auch das ganze Sozialleben daheim, vor allem Familie (inklusive Vierbeiner), Verwandte und Freunde. Wir freuen uns schon riesig, bald alle wieder zu sehen und den ein oder anderen auf ein Bierchen oder Kochabend einzuladen :)

- Hier ists meistens warm bis unertraeglich heiss und wir freuen uns soooo sehr mal auf kalte Temperaturen und alles was dazugehoert:
Schal, Muetze, Handschuhe, dicke Klamotten, am Ofen sitzen und Tee trinken oder einfach in ein grosses weiches Bett mit Waermeflasche kuscheln.

- Andererseits freut frau sich auch wieder auf eine warme Dusche daheim, denn die ist hier selten. Bei warmem Wetter ist das Eisduschen durchaus machbar, auch wenn es Ueberwindung kostet. Aber in den seltenen Zeiten, in denen wir uns an kuehleren Orten rumgetrieben haben, wie beispielsweise in Nepal oder im noerdlichen Vietnam, bleibt man ehrlich lieber dreckig, als sich jeden Morgen diese Tortur anzutun.

- Und wo wir grade beim Thema Komfort sind: 
Gute Matratzen sind auch eine Wohltat.

- Jonas vermisst seine Runden auf Motorrad und Rennrad und Lisa freut sich auch wieder sehr, mit dem EMIL in der Gegend rumzuduesen. Allgemein ist es eben schoen, einen eigenen fahrbaren Untersatz zu haben, deswegen leihen (oder kaufen) wir uns unterwegs ja so oft ein Zweirad.

- Fuer die Damenwelt sicher verstaendlich: 
Ein Jahr lang dieselben 4 gleichen (!) Oberteile anzuziehen ist irgendwie doof. Klar, fuer kalte Tage gibts da noch ein langaermeliges und ein Fleece fuer besonders schlimme Zeiten. Hosen gibts 2 oder 3, je nachdem, ob gerade eine kaputt ist. 
Und auch bei den Schuhen hat man nicht viel mehr Abwechslung: Meist Flip-Flops, ab und zu barfuss und fuer Motorradfahrten oder Wanderungen modisch fragwuerdige knoechelhohe Stiefel. 
Ein voller Kleiderschrank und mehrere Paar Schuhe sind da schon ein Lichtblick.

- Auch die Aussicht auf die Vielfalt der kosmetischen Produkte in Deutschland macht gute Laune.

- Was uns auch fehlt ist eine Waschmaschine. Als Sparfuechse geben wir unsere dreckigen Sachen naemlich nur selten irgendwo in die Waesche. Bei uns wird mit Seife auf dem gefliesten Badboden gewaschen. Fuer die Leute also, die sich fragen, was wir eigentlich den ganzen Tag so machen: Schon allein Waeschewaschen nimmt ein paar Stunden in Anspruch.
Naja und wenns daheim dann immer frische wohlriechende Handtuecher griffbereit hat, beschweren wir uns auch nicht. Denn, das erschliesst sich ja aus unserer Waschlogik: Handtuecher kann man nicht immer mitwaschen, denn man hat nur 2 und wenn die nass sind, mit was trocknet man sich dann nach dem Waeschewaschen ab?

- Ein bisschen freuen wir uns auch darauf, in den Alltag Daheim zurueckzukehren.
Es macht zwar Spass, immer wieder Neues zu entdecken und man gewoehnt sich an das rastlose Leben und fuehlt sich wohl, auch ohne einen festen Ankerplatz. Trotzdem. Ein kleiner Aktionsradius, eine gewohnte Umgebung, wenig Veraenderung und viel Bekanntes hat auch so seinen Reiz.


Genauso, wie wir wissen, auf was wir uns zu Hause freuen,
gibt es aber auch Dinge, bei denen wir uns sicher sind: 
Wir werden sie nach der Reise wahrscheinlich vermissen. 
Oder zumindest oft daran denken ;)

- Die unfassbar leckeren Mangos und Ananas, deren Geschmack man einfach nicht damit vergleichen kann, wie die daheim gekauften Exemplare schmecken.


Mangobaum im Garten :)

einfach warten, bis die reifen runterfallen!


Mini-Mangos 

- Märkte. Unsere Wochenmärkte in Deutschland sind zwar auch schön und wir freuen uns wieder darauf, aber man kann sie einfach nicht mit den Märkten in Asien vergleichen. Hier ist alles viel größer, gedrängter, voller, dreckiger, bunter und lebhafter. Vor allem auf den Philippinen, in Cambodia und in Myanmar haben uns die Märkte begeistert und immer wieder von neuem angelockt. Man findet immer allerlei leckeres zu Essen, auch Obst, Gebäck und fertige Gerichte. Außerdem kann man nahezu alles kaufen, was man braucht und sieht nebenher noch die schönsten Szenen mitten aus dem Leben der Einheimischen. 

- Billiges, gutes Essen - schnell und ueberall. Ob an Strassenstaenden oder in kleinen Restaurants, man findet hier in Asien einfach immer was Leckeres fuer wenig Geld.

- Auf Reisen ist man zwangslaeufig viel an der frischen Luft. 
Wir werden zwar versuchen, das zu Hause beizubehalten, aber wer weiss, wie gut das funktioniert.
Man lernt die Geraeusche draussen zu lieben.
Je nachdem, wo man ist, herrscht ein permanenter Geraeuschpegel an Vogelgezwitscher, Grillengedroehne, Froschkonzerten, anderen mitteilsamen Waldbewohnern oder einfach das beruhigende immer vorhandene Rauschen der Wellen am Meer. 

- Draussen "in der Natur" zu sein, steht in Asien auch eng damit in Verbindung, Reisfelder vor der Nase zu haben. Und selbst nach etlichen Monaten koennen wir sagen, dass Reisfelder (fuer uns) eine der schoensten vom Mensch geschaffenen Landschaften sind. Es gibt kein ueberwaeltigenderes Gruen, als wenn die Abendsonne in jungen Reis scheint. In Kombination mit Palmen und Karstfelsen, kann man sich dann kaum noch sattsehen an der Reisfeldlandschaft. 

- Allgemein leben die Asiaten scheinbar gerne im Gruenen, denn selbst in den Staedten ist oft jeder Hof, Balkon und Fenstersims ueber und ueber mit Blumentoepfen vollgestellt und ueberall waechst etwas.

- Ans Herz gewachsen sind uns ausserdem die allgegenwaertigen Geckos.
Die Kleinen leben einfach ueberall, wo es Licht hat und freuen sich dort abends ueber eine grosse Insektenausbeute. Wir hatten selten ein Zimmer, das wir uns nicht mit ein paar Geckos teilten und konnten uns ab und zu sogar ueber einen grossen Vertreter freuen. Die sehen nicht nur toll aus, sondern rufen abends auch so laut, dass sie mit jedem durchschnittlichen Hahnenschrei mithalten koennen.

- Woran wir uns schon lange gewoehnt haben, sind all die Tiere um uns herum. Egal wo man ist, hat es welche, mitten im Niemandsland kann ein Ochse um die Ecke schlendern, eine Ziege auf der "Leitplanke" rumklettern oder ein Hund auf Durchreise vorbeizotteln, aber besonders in der Naehe von Siedlungen wimmelt es von ihnen. Bueffel, Kuehe, Ziegen, Enten, Huehner, Hunde, Katzen und Schweine rennen einfach ueberall meist frei herum, vermehren sich praechtig und verstehen sich prima miteinander.   




- Auf einer Reise wie unserer lernt man (mit der Zeit) vor allem eines zu schaetzen:
Frei zu sein. Frei von Zeitdruck, Stress und irgendwelchen Planungen.
Das kommt nicht von allein und man muss hart dran arbeiten. Denn irgendwie ist es schwerer, als man denkt, spontan zu entscheiden - einfach auf sich selbst und das Bauchgefuehl zu hoeren, als vorgefertigten Plaenen und sich bewaehrten Mustern zu vertrauen.
Wir hoffen zwar, dass wir uns das zu Hause erhalten koennen, aber es wird schwer werden.

- In Asien herrscht eine fuer uns bisher unbekannte Gastfreundschaft und Fremdenfreundlichkeit. Man kann natuerlich nicht sagen, dass die Leute in Europa nicht nett waeren. Aber wie man hier mit Auslaendern umgeht, ist wirklich bewundernswert.
In touristischen Gegenden sind die Menschen natuerlich freundlich, weil sie von uns profitieren, aber das ist es nicht allein. Unabhaengig vom Geld, herrscht eine grundsaetzliche Neugierde, Freundlichkeit und Gastfreundschaft gegenueber Fremden, die man von Daheim einfach nicht kennt. In Gegenden, wo seltener Touris sind, winkt fast jeder an der Strasse oder laechelt zumindest zum Gruss. Kleine Kinder werden zum Winken geradezu erzogen, denn Eltern und Grosseltern nehmen ihre Hände und winken damit, wenn Fremde vorbeilaufen. In Teilen Indiens und Myanmars konnten wir keinen Schritt außerhalb des Guesthouses machen, ohne dass uns nicht permanent mindestens 5 Leute angestarrt und nur darauf gewartet haben, dass wir hinsehen und lächeln, um dann hocherfreut zurückzugrinsen. Man kann Muskelkater vom Lächeln bekommen!
Manchmal wurden wir einfach zum Tee, Schnaps oder Pfeiferauchen hereingewunken oder durften mitessen, wenn es irgendwo etwas gab, was uns angeboten werden konnte. Im Bus, Zug oder auf dem Boot wird man regelmäßig von Sitznachbarn durchgefüttert, bei Problemen wird einem geholfen, ohne dass man groß fragen muss und in Bangkok wird man bei dem kleinsten Anzeichen von Unsicherheit von liebenswürdigen Thais angesprochen, die einem ungefragt erklären, wo man sich befindet, wie die U-Bahn funktioniert und wo der nächste ATM ist. Auf den Philippinen haben wir umsonst in Gaerten gezeltet, in Cambodia haben wir sogar im Bett des Ehepaares geschlafen, dass uns aufgenommen hatte. 
Was soll man dazu sagen?
Man stelle sich mal einen Deutschen vor, der beim Spaziergang einem asiatischen Ehepaar begegnet, ihnen lächelnd zuwinkt, sie anspricht, ausfragt und anschliessend zum Kaffee oder Abendessen am Familientisch einlaedt.... :) 


Gruppenbild unter der Brücke mit unserer Gastfamilie
Mittagessen für alle 


Nach langen Nachdenken darueber, ob es auch etwas gibt, was wir definitiv nicht vermissen werden (also sprich: worueber wir froh sind, es loszuwerden), mussten wir feststellen, dass diese Liste kuerzer ist.

- An manchen Orten treiben einen die Tuktukfahrer wirklich zur Weissglut, aber das ist immer schnell vorbei und man kann sie mit ein wenig Uebung auch zuegig loswerden oder sogar ganz umgehen.

- Allgemein ist es kein schoenes Gefuehl, verarscht worden zu sein.
Dabei kommt es nicht auf den Geldbetrag an, um den man nun erleichtert wurde, sondern um das Gefuehl danach. Wenn man weiss, dass man verloren hat.
In kleinem Maße hat man das Gefuehl irgendwie oft beim Handeln. Denn man weiss ja nie so recht, ob man jetzt einen wirklich guten Preis rausgeschlagen hat oder nicht.
Darum ist es schoen, zu Hause im Laden einfach feste Preise zu haben und genau das zu bezahlen, was draufsteht. Auch wenn uns das wahrscheinlich teuer vorkommen wird.

- Und zu guter letzt: Sicherlich werden wir das kitschige und kindisch gemusterte textile Durcheinander nicht vermissen, das alle Inder und Asiaten zu lieben scheinen und mit dem man in vielen Hotelzimmern und Privatraeumen konfontiert wird. 
   


















P.S.:
Lieber Manfred, wir wuenschen Dir alles Gute zum Geburtstag!
:)